Volume 28 (April 1996) Number 2

ZDM

Zentralblatt für Didaktik der Mathematik

International Reviews on Mathematical  Education


Articles • ISSN 0044-4103

 
ABSTRACTS

Perspektiven des Mathematikunterrichts
Roland Fischer, Klagenfurt and Wien (Austria)

Es werden vier Perspektiven vorgestellt, die für die weitere Entwicklung des Mathematikunterrichts von Bedeutung sein dürften: Mathematik als "black boxes", Mathematik als Darstellungs- und Kommunikationsmittel, Mathematik als Reflexionsmittel, Mathematik zur Disziplinierung/zum Spiel. Alle diese Perspektiven werden positiv bewertet und es werden Bezüge zu einer gesellschaftstheoretischen Betrachtung hergestellt.

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Perspectives on mathematics teaching. Four perspectives are presented which probably will be relevant for the further development of mathematics education: mathematics as "black boxes", mathematics as a means of presentation and communication, mathematics as a means of reflection, mathematics for disciplining/for playing. All these perspectives are appreciated and are put into connection with sociological considerations.


Mathematics in reality? The dogma: from the everyday world to the mathematical world
Piet Verstappen, Enschede (The Netherlands)

The dogma implies that the real is the source for learning mathematics and the organisation of experiences its method. It is the radical extension of the operative principle, hence learning is organising through self defining and using an own strategy. Besides for a realist the main objective of learning is the solving of real problems and not the apprehending of general structures. Learning according to this dogma is based on reductionalism, that all notions are owed and understood through experience. However mathematics is a closed system and its method is hypothetical-deductive and not inductive. Mathematics as a theory or activity is not in reality, so it cannot be derived from reality. Therefore learning mathematics through organising is a waste of time and energy. Mathematics precedes experience, there is only application. The mathematical object is the result of activity and not the starting point as for real activities. The particular is an obstacle for learning the mathematical thinking style as it easily leads to confusion with the experimenting thinking technique. Common sense and mathematical reason know the situation in a different way. Realistic education struggles with the development of mathematics as a system and the pupils do not have the mathematical models at their disposal. Pupils have to unlearn their own method later and to replace it with the general method.

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Mathematik in der Realität? Das Dogma: von der Realität zur mathematischen Welt. Das Dogma besagt, daß die Realität die Quelle für das Mathematiklernen und die Organisation von Erfahrungen dessen Methode ist. Dieses Dogma ist eine radikale Weiterführung des operativen Prinzips; d.h., Lernen ist Organisieren durch eigenes Definieren und durch Anwendung einer eigenen Strategie. Das Hauptlernziel für den Realisten ist das Lösen wirklicher Probleme und nicht das Erfassen allgemeiner Strukturen. Diesem Dogma gemäß beruht Lernen auf Reduktionismus, das heißt alle Begriffe gründen sich auf Erfahrung und werden nur durch Erfahrung erkannt. Aber, Mathematik ist ein geschlossenes System und ihre Methode ist hypothetisch-deduktiv und nicht induktiv. Mathematik als Theorie oder als Aktivität gibt es nicht in der Realität, und kann deshalb nicht aus der Realität abgeleitet werden. Deshalb ist Mathematiklernen durch Organisieren Zeit- und Energieverschwendung. Mathematik geht der Erfahrung voraus, es gibt nur die Anwendung. Mathematische Objekte sind das Ergebnis einer Aktivität und nicht wie bei realen Aktivitäten der Ausgangspunkt. Das Spezielle, Besondere ist ein Hindernis für das Erlernen eines mathematischen Denkstiles wegen seiner Nähe zum experimentellen Denkstil. Gesunder Menschenverstand und mathematische Vernunft deuten Situationen auf verschiedene Weise. Realistischer Unterricht stößt auf große Schwierigkeiten bei der systematischen Entwicklung der Mathematik und den Schülern fehlen die mathematischen Modelle. Die Schüler müssen später ihre eigenen Methoden wieder verlernen und durch die allgemeine Methode ersetzen.


Conference reports

Frauen in der Mathematik. Oberwolfach, 18.-21.12 1994
Gabriele Kaiser, Kassel (Germany); Cornelia Niederdrenk-Felgner, Tübingen (Germany)

Im letzten Jahrzehnt hat die Diskussion zu Frauen in der Mathematik zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Konferenz in Oberwolfach, über die im folgenden berichtet werden soll, konzentrierte sich auf vier Bereiche von Aktivitäten bzw. Forschungen: Zunächst wurden Fördermaßnahmen an Universitäten diskutiert, so wurde u.a. ein Netzwerk von Mathematikerinnen beschrieben, wurden verschiedene Maßnahmen zur Förderung von Frauen in der Mathematik und mögliche Barrieren von Frauen, sich der Mathematik zu widmen, diskutiert. Im zweiten Themenschwerpunkt wurden didaktische Konzepte für Schule und Hochschule dargestellt, d.h. es wurden Ansätze diskutiert zur Lokalisierung der Probleme von Frauen mit Mathematik sowie Maßnahmen zur Änderung dieser Situation. Im dritten historisch orientierten Schwerpunkt wurden die Schwierigkeiten von Frauen in der Geschichte, Mathematik zu treiben, beschrieben sowie die Vernachlässigung des Anteils und der Bedeutung dieser Frauen in der mathematikhistorischen Literatur. Die vierte und letzte Themengruppe beschäftigte sich mit Frauenforschung unter besonderer Berücksichtigung der Informatik. Es wurde u.a. die Frage nach einem Informatikcurriculum, das beiden Geschlechtern gerecht wird, gestellt. Insgesamt zeigt die Diskussion die Notwendigkeit der Forschung in diesem Bereich und entsprechender Aktivitäten, um die immer noch unbefriedigende Situation zu lösen.

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Women in mathematics. During the last decade growing attention has been paid to "women in mathematics". The conference in Oberwolfach which this report is about focused on four areas of activities and research: Firstly on female promotion programmes at universities, i.e. a network for female mathematicians was described, different systems to support the promotion of women in mathematics and difficulties or barriers for women to dedicate themselves to mathematics. Secondly, educational aproaches for schools and universities were discussed. This included a discussion of problems of women with mathematics and approaches to change this situation. Thirdly, historical aspects were presented. Difficulties of women in history to study mathematics were described as well as that these women were neglected in official mathematics historical literature. The fourth theme group dealt with gender studies in mathematics and computer science, i.e. the question, how a gender-inclusive computer science curriculum ought to look like. The conference showed the necessity to continue this discussion in order to overcome the current unsatisfactory situation.


Die Bedeutung des Zusammenhangs zwischen Forschung und Lehre in der Mathematikdidaktik für die Ausbildung der Mathematiklehrerinnen und -lehrer. Situationsanalyse, neue Ansätze und Erfahrungen. Haus Ohrbeck, Georgsmarienhütte, 9.1.-13.1 1995
Reinhard Hölzl, Augsburg (Germany); Michael Neubrand, Flensburg (Germany)

Nur dann, wenn das, was in mathematikdidaktischer Forschung erarbeitet wird, in irgendeiner Weise für zukünftige oder bereits tätige Lehrerinnen und Lehrer erschlossen wird, kann Wissen über das Lehren und Lernen von Mathematik Eingang in die Praxis finden und diese auch verändern. Andernfalls bleibt es bei einer wissenschaftlich nicht reflektierten Tradierung herkömmlicher Lehr- und Lernmuster. Ziel der Tagung war es, neuere Forschungsansätze vorzustellen und zu diskutieren, die eine Basis bilden könnten für eine Weiterentwicklung der Mathematikdidaktik hinsichtlich des Transfers von der Forschung auf die Lehre.

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The importance of the relationship between research in mathematics education and mathematics teaching for preservice mathematics teacher education. Only then can knowledge about the teaching and learning of mathematics enter its practice and bring about change if the various outcomes of didactical research are utilized in some way or other for future or already practicing teachers. Otherwise, traditional - as opposed to scientifically reflected - patterns of teaching and learning would remain dominant. The conference aimed at presenting and discussing new research approaches that could form the basis for further development of mathematics education with respect to the transfer from research into teaching.


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